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Steyr 288: MotorIm Zuge meiner Arbeiten am Steyr 288 - in erster Linie natürlich am Motor bzw. an Motoranbauteilen wie z.B. der Einspritzpumpe, stellte sich mir immer wieder die Frage, wann denn genau was im Motor zu einem bestimmten Zeitpunkt passiert. Vielleicht ist die Beantwortung solcher Fragen für die echten Profis unter den Schraubern kein Problem, für mich als Amateur hieß es dann immer in aller Ruhe nachdenken und sich die Abläufe vor Augen führen!

Es kam daher die Idee auf, all dies in einer tabellarischen Form zusammen zu schreiben - vielleicht hilft es ja dem Einen oder Anderen!

Zunächst ein paar grundlegende Punkte als Einführung:

Es wird ein 4-Takt Motor beschrieben. Vier (4) Takte bedeutet: Ansaugen, Komprimieren/Verdichten, Verbrennen (der Arbeitstakt), Auspuffen. Um die vier (4) Takte abzuarbeiten, muss sich die Kurbelwelle zwei (2) Mal komplett drehen.

Im Motor des Steyr 288 gibt es vier (4) Zylinder, jeder Zylinder hat zwei (2) Ventile, über die Luft angesaugt bzw. Abgase ausgepufft werden. Die vier (4) Kurbeln sind im 180°-Abstand rund um die Achse der Kurbelwelle angeordnet. Die Zündreihenfolge ist beim Steyr 288 1-3-4-2, wobei der 1. Zylinder dem Kühler am nächsten liegt.

Die Ventile werden über die Nockenwelle angesteuert. Die Nockenwelle hebt mit ihren Nocken die Stösselstangen, welche wiederum die Kipphebeln betätigen und diese drücken dann auf den Ventilschaft des jeweiligen Ventils. Steht die Nocke der Nockenwelle an der Unterseite, wird die dazugehörige Stösselstange (eigentlich Stössel und Stösselstange) nicht gehoben und damit drückt der Kipphebel nicht auf das Ventil. Dies bedeutet: in diesem Moment ist das Ventil geschlossen - es wird durch die Ventilfeder nach oben gedrückt/gezogen und verschließt damit den Eingang/Ausgang zum Zylinder. Weiters kann man in diesem Moment das sogenannte Ventilspiel fühlen bzw. messen - ein leichtes Spiel zwischen Kipphebel und Ventilschaft; in anderen Worten: man kann den Kipphebel leicht hin und her bewegen. Das Ventilspiel soll bei warmen Motor die Ausdehnung der Materialien ausgleichen. Dieses Spiel soll beim Steyr 288 im kalten Zustand 0,2mm betragen.

Steyr 288: durch den Motor laufende Stösselstangen und KipphebelnSteyr 288: Stösselstangen und dahinter die Ventilfedern um die Ventilschäfte

An den unteschiedlichsten Stellen im Reparaturhandbuch bzw. im Internet liest man vom sogenannten "Oberen Totpunkt (OT)" des 1. Zylinders. Dies beschreibt den Zeitpunkt an dem der nach oben laufende Zylinder seinen obersten Punkt erreicht hat und sich ab nun wieder nach unten bewegt. Etwas, das relativ selten erwähnt wird, ist der Umstand, dass beim Durchlaufen der vier (4) Takte, jeder Zylinder - also auch der erste - zwei (2) Mal den OT durchläuft. Es wird zwischen "Zündtotpunkt" und "Überschneidungstotpunkt" unterschieden! Der Zündtotpunkt ist jener OT beim dem zuvor (!) die Zündung des komprimierten Gemischs erfolgt ist. Der Überschneidungstotpunkt ist hingegen jener OT, bei dem das Auspuffen eben abgeschlossen wurde und nun das Ansaugen der Luft beginnt.

Logischer Weise gibt es auch einen "Unteren Totpunkt (UT) für jeden Zylinder.

Nachfolgend die Zusammenfassung in tabellarischer Form:

Zeitpunkt Bezeichnung Beschreibung Einlassventil (EV) Auslassventil (AV)
am OT,
vor dem ...
Überschneidungs-totpunkt   geschossen geschlossen
Beginn des 1. Takts   Nocke EV hebt sich
Nocke AV gibt frei
öffnet sich geschlossen
1. Takt Ansaugen Luft strömt ein
Zylinder senkt sich
Brennraum vergrößert sich
geöffnet geschlossen
am Ende des 1. Takts   Nocke EV senkt sich schließt sich geschlossen
am UT,
vor dem ...
  Nocke EV gibt frei geschlossen geschlossen
2. Takt Verdichten Zylinder hebt sich
Luft wird stark komprimiert und erhitzt sich dadurch;
Brennraum verkleinert sich
geschlossen geschlossen
24° vor OT Förderbeginn Diesel wird eingespritzt und auf Grund der Form der Vorkammer fein zerstäubt geschlossen geschlossen
am Ende des 2. Takts   (Selbst-)Zündung des Gemischs geschlossen geschlossen

am OT,
vor dem ...

Zündtotpunkt   geschlossen geschlossen
3. Takt Verbrennen verbrennedes Gemisch expandiert
drückt den Kolben nach unten
Kraft wird auf die Kurbelwelle ausgeübt
geschlossen geschlossen
am Ende des 3. Takts   Nocke AV hebt sich geschlossen geschlossen
am UT,
vor dem ...
  Nocke AV/Stösselstange/Kipphebel wieder unter Spannung geschlossen geschlossen
am Beginn des 4. Takts   Nocke AV hebt sich weiter geschlossen öffnet sich
4. Takt Auspuffen hebender Kolben drückt die Abgase der Verbrennung aus dem Brennraum geschlossen offen
am Ende des 4. Takts   Nocke AV senkt sich
Nocke EV hebt sich
geschlossen schließt sich
OT Überschneidungs-totpunkt Nocke AV gibt frei
Nocke EV/Stösselstange/Kipphebel wieder unter Spannung
geschlossen geschlossen

 

Wo könnte es nun Probleme geben?

Im Reparaturhandbuch, wie auch im Internet, wird oft nur von Einstellarbeiten am OT (des 1. Zylinders) gesprochen. Es ist aber dann doch wichtig zu unterscheiden, welchen der beiden OTs man nehmen muss!

Zunächst zum Einstellen des Förderbeginns der Einspritzpumpe: Die genaue Vorgangsweise habe ich in einem eigenen Artikel beschrieben. Es muss der Zündtotpunkt verwendet werden, damit das eingespritze Gemisch über die Vorkammer zur bereits stark verdichteten und damit erhitzten Luft strömen kann. Nimmt man hier den falschen OT (Überschneidungstotpunkt) spritzt die Einspritzpumpe das Gemisch ein, wenn sich das Einlassventil gerade öffnet, um Luft anzusaugen.

Auch das Ventilspiel muss am OT eingestellt werden: In diesem Artikel wird die Vorgangsweise beim Steyr 288 beschrieben. Für das Ventilspiel wird ebenfalls der Zündtotpunkt benötigt, da hier ja sowohl das Einlassventil, als auch das Auslassventil frei spielen müssen. Die Verbindung von Nocke über Stösselstange und Kipphebel zum Ventilschaft muss entlastet sein.

Dieses Video auf YouTube veranschaulicht die Abläufe meiner Meinung nach relativ gut.

Nun kann bei einem neu aufgebauten Motor durchaus das Problem entstehen, dass bei beiden OTs Spiel zwischen Kipphebel und Ventilschaft vorhanden ist - es ist ja noch nichts eingestellt. Sind am Rädergehäuse noch die Abdeckungen offen, kann man sich an den Markierungen der Zahnräder orientieren. Wurde auch das Einspritzpumpenzahnrad bereits korrekt eingebaut, kann man auch an den Markierungen dieses Zahnrads den Zündtotpunkt erkennen - fluchtet die Markierung am Zahnrad mit der Markierung am Rädergehäuse (ungefähr auf sechs (6) Uhr), befindet sich der Motor am Zündtotpunkt. Ist das Einspritzpumpenzahnrad hingegen noch nicht verbaut, benötigt man zwingend die Markierung an der Nockenwelle, da keine Markierung am Zwischenrad angebracht ist. Sind die Markierungen hingegen nicht mehr sichtbar, muss man die Bewegungen der Stösselstangen beobachten. Nähert man sich dem Überschneidungstotpunkt bewegt sich die Stösselstange des Auslassventils nach unten, ab Erreichen des OTs dann die Stösselstange des Einlassventils nach oben.

Stellt sich zu guter Letzt noch die Frage, wie man den Motor eigentlich drehen kann? Den überall gerne genannten Schraubenschlüssel an der Mutter der Kurbelwelle kann man nur verwenden, wenn der Wasserkühler noch nicht montiert ist. Sind Kühler, Lüfter und Keilriemen bereits installiert, lässt sich der Motor drehen in dem man den Riemen auf der rechten Seite nach innen drückt, dadruch die Spannung stark erhöht und am Lüfter dreht. Alternativ kann man am Schaufenster zum Schwung mit einem großen Schlitzschraubenzieher den Schwung Zahn für Zahn weiter hebeln.

Steyr 288: Sichtfenster zum Schwung

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