Nachdem bei meinem Steyr 288 die Kipphebeln samt Stösselstangen und Stösseln wieder an Ort und Stelle waren, musste auch das Ventilspiel korrekt eingestellt werden.
Das Ventilspiel wird jeweils beim oberen Totpunkt ("Zündtotpunkt") des entsprechenden Zylinders eingestellt und beträgt laut Reparaturhandbuch sowohl für Einlass- als auch für das Auslassventil im kalten Zustand 0,2mm. Die Zündreihenfolge der Zylinder ist 1-3-4-2 ausgehend vom 1. Zylinder der dem Kühler am nächsten liegt.
Beim 4-Takt-Motor durchläuft ein Zylinder pro Zyklus zweimal den oberen Totpunkt. Der "Zündtotpunkt" ist jener Totpunkt, bei dem davor die Zündung erfolgt ist. Der andere Totpunkt ist der "Überschneidungstotpunkt" und bezeichnet jenen Moment am oberen Totpunkt, wo sich das Auslassventil schließt (Auspuffen abgeschlossen) und gleichzeit das Einlassventil öffnet (Einleiten des Zündgemisches) - also idealerweise genau jenen Moment, wo das Auslassventil komplett geschlossen ist und das Einlassventil noch nicht mit der Öffnung begonnen hat - sich die Bewegungen der beiden Kipphebeln überschneiden. Naturgemäß kann es in diesem Moment kein Spiel zwischen dem Kipphebel und dem zugehörigen Ventil geben.
Wie findet man nun den "richtigen" oberen Totpunkt? Sind die Markierungen am Zahnrad der Einspritzpumpe noch zu sehen, also der entsprechende Deckel am Rädergehäuse noch nicht montiert, so kann man sich an diesen orientieren. Fluchten die Markierungen hier, steht man am Zündtotpunkt des 1. Zylinders. Sind diese Markierungen nicht mehr zu sehen, muss man die Kipphebeln beobachten. Am besten die des 1. Zylinders, weil da kann man dann zusätzlich auch die Markierung am Schwung nutzen. Hat man nun den Überschneidungstotpunkt des 1. Zylinders gefunden, bedeutet dies, dass genau der auf der Kurbelwelle gegenüberliegende Zylinder (beim Steyr 288 der 4. Zylinder) am Zündtotpunkt steht und man kann also beim 4. Zylinder das Ventilspiel einstellen.
Dazu wird die Kontermutter gelöst und mit Hilfe einer entsprechenden Lehre das Spiel an der Einstellschraube eingestellt. Die Lehre soll mit leichtem Widerstand zwischen Kipphebel und Ventil beweglich sein. Danach die Kontermutter wieder festziehen - natürlich ohne die Einstellschraube zu verändern. Dazu muss diese während des Anziehens der Kontermutter mit dem Schraubenzieher festgehalten werden.
Um nun den Totpunkt des nächsten Zylinders zu finden kann man entweder nach dem nächsten Überschneidungstotpunkt des nächsten Kipphebelpaars suchen und/oder den Schwung um exakt 180° weiter drehen. Leider ist dieser Punkt nicht am Schwung markiert - ich habe dies nachgeholt! Hat man den Überschneidungstotpunkt des 3. Zylinders am Schwung eingestellt, kann man das Ventilspiel des 2. Zylinders einstellen, usw.
Sind alle Ventilspiele eingestellt, sollte man den Motor mehrmals durchdrehen und dann das Ventilspiel nochmals kontrollieren.